Geschichten aus der Diakonie Münster, Meldung

In jeder Hinsicht gut für Menschen

| Geschichten aus der Diakonie Münster, Meldung

Ergotherapie der Diakonie Münster hilft ganz praktisch

Bereits seit zwölf Jahren unterhält die Diakonie Münster eine eigene Praxis für Ergotherapie im Kreuzviertel. Leiterin Isabell Bahl ist seit vielen Jahren dabei. Damals war man noch zu dritt. Inzwischen besteht das Team aus sieben Ergotherapeutinnen. Die Praxis bietet sowohl vor Ort als auch mobil ein umfassendes ergotherapeutisches Leistungsangebot für Erwachsene. Spezialisiert ist sie vor allem auf die Bereiche Geriatrie und Gerontopsychiatrie.

In ihrem hellen Büro an der Schulstraße erzählt Bahl, wie sich alles entwickelt hat. Sie wirkt dynamisch, hat ein gewinnendes Lachen, und das verschmitzte Blitzen in ihren Augen verrät, dass sie noch viele weitere Ideen für die Zukunft der Praxis für Ergotherapie hat. Dem ursprünglichen Gedanken zur Gründung der Praxis, nämlich den Bewohnerinnen und Bewohnern der Münsteraner Seniorenzentren der Diakonie ein eigenes ergotherapeutisches Angebot bieten zu können, ist man jedoch bis heute treu geblieben. Rund 70 bis 80 Prozent der Behandlungen finden hier statt. Hinzukommen Hausbesuche und die Behandlungen in den Praxisräumlichkeiten.

Praxis mit Alleinstellungsmerkmal

„Dass wir als Diakonie Münster eine eigene Praxis für Ergotherapie haben, ist ein großer Vorteil und kommt den uns anvertrauten Menschen in unseren Seniorenzentren und Wohngemeinschaften genauso zu Gute wie den Klientinnen und Klienten, die sich darüber hinaus an uns wenden“, sagt Diakonie-Vorstand Frank Olivier. Im Hinblick auf die Arbeit mit Demenzkranken besitze die Praxis sogar ein Alleinstellungsmerkmal.

Organisatorisch gehört die Praxis für Ergotherapie zu Diakonie mobil, dem größten ambulanten Pflegedienst in Münster. Die gute Vernetzung innerhalb des Trägers stellt für alle Seiten einen Gewinn dar. Vieles lässt sich schnell und unkompliziert regeln – vor allem ermöglicht es, flexibel reagieren zu können. Gerade die Arbeit in den Pflegeeinrichtungen stelle besondere Anforderungen an die Organisationsfähigkeit der Behandelnden, so Bahl. Im Hinblick auf Demenzkranke beispielsweise müsse man kreativ und erfinderisch sein und auch mal kurzfristig eine Behandlung verschieben. „Es geht nicht darum, leistungsorientiert zu arbeiten, sondern Menschen zu unterstützen, am Leben teilzunehmen. Ziel ist es, ihnen zu ermöglichen, im Alltag tätig zu sein“, sagt Bahl.

Das individuelle Betätigungsverhalten steht im Mittelpunkt

Bahl räumt außerdem mit zwei Missverständnissen auf, denn einerseits würde die Ergotherapie oft mit der Physiotherapie verwechselt. Dabei gebe es vorrangig bei den motorisch-funktionellen Behandlungen Überschneidungen. Grundsätzlich jedoch arbeite die Ergotherapie betätigungsorientierter. „In der Ergotherapie betrachten wir jeden Menschen ganzheitlich. Wir nehmen ihn mit seinen Fähig- und Fertigkeiten in seinem ganz persönlichen Lebensumfeld wahr“, erläutert Bahl. Im Gegensatz zur Physiotherapie stelle die Ergotherapie also den Menschen mit seinem individuellen Betätigungsverhalten in den Mittelpunkt. Dabei böten die Behandlungen, die zwischen 30 und 60 Minuten dauern, die Möglichkeit, sich mehr Zeit für die Interaktion zu nehmen.

“Ihr geht doch nur mit den Klientinnen und Klienten spazieren.” – Eine Aussage wie diese würde ein zweites Missverständnis verdeutlichen. Zwar spiele die Alltagsbetätigung in der Ergotherapie eine zentrale Rolle. Was für Außenstehende auf den ersten Blick jedoch nicht ersichtlich sei, sei das Konzept dahinter. So seien beispielsweise für den Spaziergang der Prozess des An- und Ausziehens sowie die Orientierungsarbeit und das Wahrnehmungstraining ebenso maßgeblich: Wie etwa fühlt sich der Schnee in der Hand an? Wie duftet die frisch gepflückte Blume? Beispiele hierfür gibt es zahlreiche. So erläutert Rieke Becker aus dem Praxisteam, dass zum Beispiel durch die Alltagsaktivität Treppensteigen die Körperfunktionen wie Gleichgewicht, Koordination und Ausdauer trainiert werden können. Ein variationsreiches Bewegungsangebot sei ein wichtiger Bestandteil der Therapie – nicht zuletzt, um auch Stürzen im Alter vorzubeugen. Genauso wie Bahl hat Becker eine Zusatzausbildung als ‘Fachtherapeutin Demenz’ und als Bewegungstherapeutin für Senioren.

Team der Praxis für Ergotherapie der Diakonie Münster

Das Team der Praxis für Ergotherapie der Diakonie Münster rund um Leiterin Isabell Bahl (von links nach rechts): Rieke Becker, Birgit Bartsch, Heike Grodde, Isabell Bahl, Monica Kühne, Annemarie Suttrup und Ulrike Cleemann.

Sich jedes Mal neu auf den Menschen einlassen

Grundsätzlich sei die Klientenzentrierung das A und O. „Es ist wichtig, sich jedes Mal von Neuem auf den Menschen und seine Bedürfnisse einzulassen“, meint Bahl. Neben dem engen Austausch mit den Pflegekräften in den Seniorenzentren, sei auch die Biografiearbeit hilfreich. Welchen Beruf habe der Mensch in seinem Leben ausgeübt? Welche Themen würden ihn besonders interessieren? Welche würden ihn vielleicht auch belasten? „Man muss in der Lage sein, Themen aufzufangen wie beispielsweise Erfahrungen aus dem Krieg und die Therapie lenken können”, so Bahl weiter. „Ergotherapie bedeutet auch Beziehungsarbeit.“

Das Ziel müsse immer sein, den Menschen in seiner Handlungsfähigkeit bestmöglich zu unterstützen, auch dann, wenn er sich nicht mehr eindeutig ausdrücken könne oder wenn er herausforderndes Verhalten wie beispielsweise wiederholtes Rufen zeigen würde. Es gelte, durch Einfühlungsvermögen und Wertschätzung die Lebenswelt der Betroffenen wahrzunehmen und eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Dabei würden die Würde und das Wohlbefinden des Menschen im Vordergrund stehen, erläutert Bahl.

Woher nehmen die Ergotherapeutinnen die Kraft und Energie für die Arbeit mit ganz unterschiedlichen Menschen und Krankheitsbildern? „Wir bekommen ganz viel Dankbarkeit zurück“, sagt Bahl. Hinzukämen der gute kollegiale Austausch im Team sowie die Arbeitsbedingungen. Anders als in freien Praxen oft üblich würden beispielsweise die Kosten für Fortbildungen übernommen und es gebe gut geregelte Urlaubsansprüche, Tarifverträge und Jahressonderzahlungen.